Linux Basics Teil 2 - Distributionen

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Rekapitulation Teil 1 #

Im letzten Artikel haben wir kurz besprochen dass der Kernel das eigentliche Linux Basissystem darstellt, welches die Schnittstelle zwischen Software und Hardware bereitstellt.

Darauf setzen dann die Basis- oder auch coreutils auf. Die meisten Systeme benutzen hierfür die vom GNU Projekt erstellten open source Varianten der tools, die bereits aus dem proprietären UNIX System bekannt waren. Das daraus entstehende System wird (laut Richard Stallmann) GNU/Linux genannt, auch wenn es hier keine Einigkeit gibt und wir der Einfachheit halber in Zukunft nur von “Linux” sprechen werden.

Die Unterscheidung ist dennoch wichtig da es auch Linux Systeme gibt die komplett ohne Beteiligung des GNU Projekts auskommen. Dazu gehören bspw. Alpine Linux oder diverse BSD Varietäten, wodurch nicht immer sichergestellt ist dass jedes tool auf jedem System gleich funktioniert. Man muss also ggf. seine Scripte regelmäßig prüfen und vor dem Rollout auf einem neuen System die Kompatibilität checken.

Was ist eine Linux Distribution? #

Eine Linux Distribution nimmt schließlich das GNU/Linux Basissystem und erweitert dieses um weitere Softwarepakete um ein komplettes Betriebssystem zu bauen. Hier wird es leider kompliziert da es eine ganze Reihe an Linux Distributionen gibt die sich teils in der zugrundeliegenden Philosophie, teils im Anwendungsbereich und der technischen Funktionalität unterscheiden.

So gibt es die klassischen Desktop-Distributionen die im Prinzip ein komplettes Betriebssystem für den Endanwender bereitstellen,inklusive grafischer Oberfläche und einem üppigen Softwarepaket.

Daneben gibt es reduzierte Varianten die beispielsweise im Serverbereich auf die grafische Oberfläche verzichten oder sogar so weit reduziert sind dass sie nur die notwendige Funktionalität bieten um bspw. einen Kleinstcomputer oder eine Waschmaschine zu steuern.

Daneben gibt es auch Varianten die für einen speziellen Zweck vorkonfiguriert wurden und bestimmte Softwarepakete direkt mitliefern, beispielsweise im Bereich Hacking und PenTesting.

Ebenso gibt es Distributionen die sich philosophisch unterscheiden. Beispielsweise gibt es diverse Distributionen die auf Software des GNU Projekts verzichten oder keine proprietäre Software einbinden für die der Quellcode nicht offen liegt (bspw. Grafikkarten- oder Druckertreiber).

Dementsprechend ist das Linux Umfeld riesengroß und es fällt einem Anfänger sicherlich schwer eine geeignete Distribution zu finden. Je nach Quelle gibt es mehrere hundert bis etwas über eintausend aktiv entwickelte Distributionen. Da fällt es schwer die richtige zu finden.

Um einen Einstieg zu finden wollen wir uns ein paar der beliebtesten Distributionen kurz anschauen und diskutieren.

Enterprise Linux #

Auch wenn Linux momentan noch ein Schattendasein auf dem Desktop fristet ist es ein ernstzunehmendes Serverbetriebssystem und hat dort, nach Microsoft Windows, den zweithöchsten Marktanteil mit >13% (siehe Statista). Im wesentlichen gibt es hier nur zwei wirkliche Konkurrenten: Suse Linux Enterprise (SLES) und Red Hat Linux. Beide führe ich hier nur der Vollständigkeit auf, da entsprechende Lizenzen für diese Betriebssystem auch wirklich “Enterprise” sind und mehrere tausend Euro betragen können.

Trotzdem ist es für den geneigten Nutzer vielleicht ganz spannend sich mit beiden auseinander zu setzen, da sowohl Suse als auch Redhat eigene Fortbildungen und Zertifizierungen anbieten. Für Suse wäre hier ein guter Startpunkt der Suse Certified Administrator (SCA) und für Red Hat der Red Hat Certified Systems Administrator (RHCSA).

Als Alternative lässt sich sicherlich noch die Distributions-agnostische Zertifizierung LPIC-1(und höhere) des Linux Professional Institute. Der Vorteil ist dass diese Prüfung sich nicht auf ein spezielles Linuxsystem stützt sondern allgemein gehalten ist.

Preislich liegt die LPIC-1 Zertifizierung mit 160€/Prüfung auf dem gleichen Niveau wie die Suse Zertifizierung. Red Hat schert hier ziemlich aus und ruft mit 515€ schon eine ganze Stange mehr Geld auf.

Welche Zertifizierung man tatsächlich bevorzugt ist im wesentlichen Geschmackssache, inhaltlich ähneln diese sich doch relativ stark und es gab auch einmal die Möglichkeit sich von Suse ein LPIC-1 Zertifikat ausstellen zu lassen.

Dekstop Linux #

Debian/Ubuntu Derivate #

Debian ist eine sehr lang gereifte (Bj. 1993) Linux Distribution deren Markenzeichen es ist nur absolut sichere und getestete Software auszuliefern. Dadurch ist Debian immer etwas hinter der Zeit, erkauft sich damit aber eine sehr hohe Systemstabilität. Debian ist aus diesem Grund insbesondere im Serverumfeld sehr beliebt und eignet sich für Desktop User, die nicht nur 10 Jahre alte Software nutzen möchten, eher weniger.

Ubuntu #

Hier kommt Ubuntu ins Spiel das als Abkömmling von Debian konzipiert wurde mit dem Ziel Debian für den Normaluser nutzbar zu machen. Mittlerweile ist Ubuntu ebenfalls eine sehr ausgereifte Distribution (Bj. 2004) und veröffentlicht in einem halbjährlichen Rhythmus eine neue Version, sowie alle zwei Jahre ein long term release mit erweitertem Support. Ebenfalls dringt Ubuntu langsam aber sicher in den Enterprise Raum vor und nimmt Suse und Red Hat anscheinend Anteile ab. Allerdings ist das nur meine persönliche Erfahrung, mir sind hierzu keine aussagekräftigen Statistiken bekannt.

Eigenschaften von Ubuntu

Ubuntu basiert wie eingangs erwähnt auf Debian und benutzt deshalb auch den Debian Package Manager der es sehr einfach macht Software auf dem System zu installieren. Da Ubuntu kein reines Community Projekt ist, sondern von der Firma Canonical weiterentwickelt wird, steht hier auch ordentlich Manpower hinter dem Projekt. Software sowie Betriebssystem selber werden umfassend getestet und auf qualitativ hohem Niveau weiterentwickelt. Die Dokumentation ist exzellent und man findet quasi zu jeder Frage die man hat eine Antwort. Im Gegensatz zu vielen anderen Distributionen gibt es für Ubuntu ebenfalls eine große deutschsprachige Community falls man sich als Anfänger nicht direkt den englischen Fachjargon einiger Foren zutraut. Ubuntu ist eine GNU/Linux Distribution und schwimmt damit im Mainstream mit, was gerade Anfängern entgegen kommen sollte. Als Standard-Shell kommt Bash zum Einsatz, eine weitverbreitete und beliebte Shell. Für den Window Manager (also die grafische Benutzeroberfläche) greift Ubuntu in seiner Standard Version auf Gnome zurück, einen soliden und weitverbreiteten Window Manager der eine gute Balance zwischen Ressourcenverbrauch, Usability und Eye Candy findet. Gnome sollte auf allen heute noch gebräuchlichen Computern und Laptops einwandfrei laufen. Solltest Du planen Ubuntu auf einem Kleinstrechner wie einem Raspberry PI zu installieren bietet Ubuntu allerdings auch andere Flavours an.

Fazit

Ubuntu ist ein Allrounder. Dabei macht Ubuntu nichts schlecht, geht aber auch keine Risiken ein. Dadurch dass das System von einer Firma weiterentwickelt wird und auch im Enterprise Umfeld aktiv ist kann man davon ausgehen dass Ubuntu nicht über Nacht vom Markt verschwindet, was gerade Anfängern Sicherheit geben sollte. Der Großteil der verwendeten Software entspricht dem Standard und die Dokumentation ist hervorragend und die Community riesig. Gerade Anfängern sollte das entgegen kommen.

openSUSE #

Suse führe ich hier aus drei Gründen auf. Zum einen, um das einmal vorweg zu nehmen, stand das S.u.S.E. in SuSE Linux ursprünglich als Akronym für Software- und System-Entwicklung. Das ist deshalb so weil SUSE ursprünglich aus Deutschland kommt und 1992 in Nürnberg das Licht der Welt erblickte.

Eigenschaften von SUSE

Neben diesem kleinen Ausflug in den Lokalpatriotismus bietet SUSE, bzw. sein freier Ableger openSUSE auch einige andere interessante Eigenschaften.

Zum einen ist SUSE quasi eine Eigenentwicklung die, im Gegensatz zu vielen anderen Distributionen, eben nicht auf einer der größeren Distributionen wie Debian/Ubuntu, Arch und wie sie alle heißen basiert. Das kann man als Vor- oder Nachteil sehen, hebt SUSE aber mit einer Reihe an Software Eigenentwicklungen aus der Masse heraus. So benutzt SUSE einen eigenen Package Manager, ein eigenes Snapshot- und bringt, jedenfalls in der Enterprise Version, auch professionelle Tools für Aufgaben wie Hochverfügbarkeit, Storage Management oder Cotainerverwaltung mit. Daneben ist SUSE Linux auch der Partner der Wahl für SAP.

Insgesamt stellt SUSE damit ein umfangreiches, stabiles System mit mehreren Jahrzehnten dar. Dies ist eine der Distributionen die nicht so schnell verschwinden werden.

Dabei wird SUSE in verschiedenen Varianten entwickelt. SLES, also SUSE LINUX ENTERPRISE SERVER, ist das kommerzielle Enterprise Angebot von SUSE.

Daneben gibt es noch die “freie” Variante openSUSE die von einer starken und aktiven Community getrieben wird und in zwei Varianten daher kommt: einem rolling release1 (Tumbleweed) und einem statischen release (Leap).

Fazit

SUSE verfügt über eine sehr aktive Community und hat eine große Firma die das Projekt mittlerweile über Jahrzehnte voran treibt. Neben Red Hat Linux ist SUSE die zweite Distribution die fest im Enterprise Bereich verankert ist, was es sicherlich für Menschen mit beruflichen Ambitionen im Linuxumfeld zusätzlich interessant macht. Aus dem größeren Backing ergeben sich unter anderem auch Neu- und Weiterentwicklungen die andere, kleinere Projekte vermutlich so nicht stemmen könnten, gerade das Snapshot und Backup Konzept von SUSE ist schon sehr ausgereift. Für Anfänger ist es außerdem sehr angenehm dass SUSE quasi alle administrativen Aufgaben die auf dem System anfallen in seiner YAST Software unter einer einheitlichen Oberfläche vereint.

ZorinOS #

ZorinOS ist eine weitere, Ubuntu basierte, Distribution die sich an Anfänger richtet und insbesondere Umsteiger von Windows ansprechen soll.

Zorin OS wurde erst kürzlich in Version 16 veröffentlicht (Stand 08/2021) und kommt sowohl in einer kostenlosen Core als auch einer kostenpflichtigen pro Version daher.

Die pro Version soll $39 kosten und beinhaltet ein paar Goodies die der Core Version fehlen. Doch dazu später mehr.

Wie eingangs erwähnt scheint sich ZorinOS vorwiegend an Windows-Umsteiger zu richten und bietet im Auslieferungszustand ein sehr sauberes, helles und an Windows angelehntes, fast schon minimalistisches Design.

Die Installation verläuft, wie bei den meisten Distributionen, über einen grafischen Installer. Nach der Installation wird man vom System mit einer geführten Tour durch die wichtigsten Systemfunktionen begrüßt. Ich hatte beim ausprobieren den Eindruck, dass es ZorinOS insbesondere Anfängern einfach machen will. So scheinen die verfügbaren Einstellungen auf das wesentliche reduziert worden zu sein und bieten eine Reihe aussagekräftiger Presets an, beispielsweise kann man bei den Layouts zwischen mehreren Vorlagen auswählen: Windows, Mac, Ubuntu,…).

Auch bei der Software geht ZorinOS keine Kompromisse ein und bietet out of the box Support für seine eigenen Software-Repositories, die von Ubuntu sowie Flathub und Snap, was eigentlich alles abdecken sollte.

Selbst die Integration von Wine zur Installation von Windows Software ist über einen Rechtsklick aus dem Kontextmenü zu erreichen und schön in das System integriert.

Darüber hinaus bietet ZorinOS alle Annehmlichkeiten die man auch von anderen Ubuntu/Debian basierten Distributionen kennt.

Education Version

ZorinOS bietet eine Education Version seines Betriebssystems die direkt mit diverser freier, dem Zweck angemessener, Software kommt.

Unter anderem gehören dazu Lernsoftware zu diversen Themen, aber auch Software für Videoconferencing und eine Software die eine hierarchische Steuerung/Überwachung der Schüler-Rechner von einem zentralen Lehrer-PC aus erlaubt (Veyon.io).

Pro Version

Neben der Core und der Education Version gibt es ebenfalls eine Pro Version von ZorinOS.

Disclaimer: Ich selber habe die Pro Version nicht getestet und beziehe mich nur auf die Informationen von der Website.

Die Pro Version soll $39 kosten und beinhaltet, soweit ich sehen konnte, hauptsächlich weitere freie Software Packages die aber bereits kuratiert und ordentlich in das System integriert zu sein scheinen.

Man zahlt also weniger für spezielle Software, sondern vielmehr für eine saubere und nahtlose Integration in das System. Eine genaue Liste mit Features der Pro Version lässt sich auf der Homepage einsehen.

Persönlich scheint es mir als würde sich diese Version an Firmenkunden richten, denn neben dem was ZorinOS als Professional-grade creative suite of apps und Advanced productivity software bewirbt, sind bspw. eine touch-/Stift-fähige Notizsoftware (Xournal++), eine Software zur Bildübertragung per Wi-Fi oder Miracast (bspw. für Präsentationen) und eine Software die einen KVM Switch nachahmt (Barrier) enthalten. Insbesondere Barrier stellt einen Segen dar, denn sie erlaubt es Maus/Tastatur, aber auch Dinge wie die Zwischenablage zwischen Computern zu teilen. Ihr könnt also ganz einfach gleichzeitig an eurem Desktop, einem Raspberry PI und beispielsweise eurem Laptop arbeiten ohne die Hand von der Tastatur nehmen zu müssen. Sehr praktisch!

Ebenfalls nennenswert ist vielleicht dass ZorinOS für seine Pro Version einen Update Support bis mindestens 04/2025 angekündigt hat und für seine Kunden einen Installationssupport bietet.

Zorin Grid

Grid wurde bisher nur angekündigt und scheint ein Tool zu sein dass die Linie der Pro Version fortsetzen soll. Die Software soll wohl eine Art Administrationsoberfläche für ein Netzwerk aus ZorinOS Rechnern bieten. Das geht zwar alles bereits jetzt schon mit anderer Software. Die meisten tools richten sich dabei aber an den professionellen Administrator und bieten häufig nur, für den Laien, unzugängliche Kommandozeilentools.

Grid scheint sich für mich eher an “Freizeit-Admins” zu richten, beispielsweise in kleineren Firmen oder Schulen, die die Administration nebenher erledigen sollen und für die eine einfach zugängliche UI ohne große Einarbeitungszeit wichtig ist.

Bisher ist Grid noch nicht erschienen, es lohnt sich aber die Augen offen zu halten.

Fazit

ZorinOS bringt ein auf Hochglanz poliertes Gesamtpaket mit bei dem zwar nur wenig wirklich neue Software auf den Tisch kommt, dafür aber die vorhandene Software exzellent in das System integriert wurde und besonderes Augenmerk darauf gelegt wurde, dass alles wie aus einem Guss funktioniert.

Wer momentan Windows nutzt, aber gerne einmal sein Glück mit Linux versuchen möchte der sollte einen genauen Blick auf ZorinOS werfen.

Vor allem kleinere Firmen, Schulen und Selbstständige könnten darüberhinaus mit der Pro Version glücklich werden. Diese scheint sich mit ihrem geringen Preis und der Software an professionelle User zu richten, ohne direkt die Kosten für eine echte Enterprise Distribution wie Red Hat oder Suse zu verursachen.

Fedora #

CentOS #

Manjaro #

ElementaryOS #

Fußnoten #

  1. Unter einem rolling release versteht man eine Distribution ohne feste Versionsnummern. Diese Distribution wird ständig und nach Bedarf weiterentwickelt und nicht nach einem festgelegten Zeitplan.